Aus: Kultur Joker, April 2019
Von Friederike Zimmermann
Der Welt immanente Strukturen erfassen
"Licht als Phänomen": Fabian Gatermann stellt in der Stiftung für Konkrete Kunst in Freiburg aus
Lichtkunst - darunter versteht man meist Farborgien, bei denen die Besucher in farblichtgeflutete Räume eintauchen können. Sie gilt als eine Kunstrichtung, die sich kaum erfassen, dafür umso mehr erfühlen lässt. Wenn sich Farblicht aber – in einem Rahmen seriell zu Rastern geordnet – in der Art beleuchteter Formelemente präsentiert, dann wird im weiteren Sinne Konkrete Kunst daraus.
Es ist das erste Mal, dass die Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps in Freiburg mit dem 1984 geborenen Fabian Gatermann einen Farblicht-Künstler eingeladen hat. Er selbst möchte sich weder in der Stilrichtung noch in der Sparte eindeutig festlegen. Damit nimmt er vorab Pedanten schon mal den Wind aus den Segeln. Nicht nur, weil Lichtkunst ein an sich ja flüchtiges Medium ist. Auch bewegt sich diese junge Kunstrichtung überaus selbstbewusst zwischen Kunst, Design und Technik.
Gatermanns Lichtobjekte "Moodpoem" etwa basieren auf einem innovativen Lichtprinzip, das diese drei Kategorien mittels sich laufend verändernder Farbstimmungen zu einer poetischen Einheit verbindet. Zur seriellen Reihung gesellt sich die Farbveränderung, immer neue Farbkombinationen generieren laufend neue Bildstimmungen. Das gesamte Objekt wird so zum sich stetig verändernden seriellen Element in der Zeit.
Gatermann möchte aus substantieller Materie und Phänomenen Kunst formen. Es gehe ihm darum, sagt er, "der Welt immanente Strukturen" abzulauschen, und zwar solange, "bis ich nahe genug an eine Essenz komme, die in sich selber ruht und eine tiefergehende Wahrheit offenbart". Diese will er dann in seinen Werken erfahrbar machen, ohne Vorurteil. Für diese Erfahrung wirft er, der ja selbst das Prinzip erkannt hat, den Betrachter zurück auf 'Null': Flüchtigkeit, Virtualität... Wir Heutigen leiden an Gegenwartsschwund. Paradoxerweise entsteht dieser durch eine Flut ständig neuer Eindrücke, welche wir irgendwie festhalten wollen, es aber nicht schaffen. Unser Wille zum Archivieren scheitert letztlich an der Masse.
So geht es einem auch hier. Die Ästhetik der Objekte Gatermanns indes bewegt sich eng an der Konkreten Kunst, deren Form das Prinzip der Reihung, Ordnung und Iteration prägt. Die Lichtinstallationen "City Light Charts" wurden für Werbeträger innerhalb eines U-Bahn-Bereichs geschaffen. Abstrakte Flächen und Mengenverteilungen aus Diagrammen und Kursen (charts) fügen sich kunstvoll zu amorphen und organischen Gebilden. Der Begriff der "Leuchtreklame" bekommt hier, da mehr der emotionale Sog der Kursverläufe als diese selbst versinnbildlicht sind, eine ganz neue - der Werbung entgegengesetzte - Dimension.
"Lense Flare", ein Lichtobjekt aus mehreren flexiblen Linsen und Spiegeln, die das Licht zerteilen und immer neu zusammensetzen, ist die wohl faszinierendste Arbeit. Je nach Lichteinfall und Ausrichtung der farbig gefassten Linsen entstehen auf der dahinterliegenden Wand immer neue geometrisch-konstruktive Bilder. Auch frühe Arbeiten, die rein auf dem seriellen Prinzip beruhen, sind hier zu sehen. Sie kommen noch ohne den expliziten Einsatz des Lichtes aus, in der Intention nehmen sie die Lichtskulpturen jedoch bereits vorweg.