Es gibt - man denke! - Arbeiten in dieser
Ausstellung, die sich ohne Zögern als konkrete Kunst bezeichnen
lassen. Dieses große Format an der Stirnwand der Halle zum
Beispiel, das mit einfachen geometrischen Formen wie Quadraten
und ausgesparten gleichschenkligen Dreiecken arbeitet. Oder ein
gleiches Format daneben, dessen Gestaltungselemente sich
kreuzende vertikale und horizontale Linien sind. Aber selbst
hier tritt in der Nahbetrachtung etwas hervor, das in Spannung
steht zu der konstruktiven Grundstimmung.
In beiden Fällen nämlich werden die geometrischen Elemente
aus Bündeln von Linien gebildet, die keine wirklichen Geraden
sind, sondern an freihändig gezeichnete, leicht verwackelte
Linien erinnern; in Wahrheit sind es die Maserungen von
Splintholz, von längs des Stammes aufgeschnittenen Hölzern
also. Noch deutlicher tritt diese organische Komponente in
Arbeiten hervor, deren Grundelemente Querschnitte von
Holzstämmen sind, deren Maserungen also von Jahresringen
gebildet werden. Und dennoch ist man auch hier geneigt, die
Werke der konkreten Kunst zuzuschlagen.
Den Ritterschlag als konkreter Künstler erhielt Siegfried
Assfalg vor fünf Jahren mit einer Ausstellung im Museum für
Konkrete Kunst in Ingolstadt. Vergleichsweise spät, im Alter
von 52 Jahren, erlernte er die Technik des Holzdrucks; das
war 1977. Anders als beim Holzschnitt sind beim Holzdruck
bildgebend die Maserungen des Holzes selbst; es ist dies eine
vergleichsweise materialnahe Kunstform.
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Siegfried Assfalg: Holzschnitt-Unikat
Die nichtdruckenden,
weicheren Teile des Holzes werden durch Abflammen, Sandstrahl
oder Ätzen entfernt. Die erhaben zurückbleibenden
"Stege" (eben die Jahresringe und die Maserung des
Splintholzes) ergeben die organischen Bildungen dieser
Grafiken.
An solche Organik erinnern auch die beiden einzigen
nichtdruckgrafischen Arbeiten - zwei der schönsten Werke
der Schau. Die beiden Hochformate arbeiten mit freihändig
gezogenen, farbigen vertikalen Linien, die in der leis
ondulierenden Abweichung von exakter Geradlinigkeit wiederum am
Splintholzmaserungen erinnern.
Auch hier, wie in den Holzdrucken, verbinden und durchdringen
sich geometrische Ordnung und organische Bildung. Diese
Vorhänge aus senkrechten Linien lassen verschiedenfarbige
Rechtecke erkennen. Auch die Drucke sind meist farbig.
Assfalg verwendet die Splint- und Hirnholzelemente
seriell - nicht selten beide zugleich in ein und demselben
Druck. Dann übernehmen die Splintholzteile den konstruktiven
Part, während die Maserungen der Jahresringe eine
weich-verspielte Note in die Grafiken bringen. Wie gewachsen
wirkende Kompositionen, in denen konkrete Kunst sich von
geometrischer Strenge entfernt und auf erstaunliche Weise
organisch wird, sind das Ergebnis.
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