"3 aus Einem"
Dieter Oehm 2010
Ein grundlegendes Buch über den Leerraum in der Kunst steht
noch aus. Die griechischen Tempel und die Finesse der
Aussparung in den Stillleben Giorgio Morandinis stünden darin
gewiss an vorderster Stelle. Mitunter läse man auch etwas zum
skulpturalen Werk des Bildhauers und Zeichners Dieter Oehm, das
jetzt die Stiftung für Konkrete Kunst in Freiburg ausstellt:
Grazile, sich in die Höhe staffelnde Kubengeschöpfe, statische
Unmöglichkeiten, wären sie tatsächlich, wie es der Anschein
vorgibt, aus Einzelteilen gebaut. Doch die der Schwerkraft
höhnenden Gebilde sind aus einem einzigen Stamm gehauen, gesägt
und geschnitten; auch wenn er seine Holzfiguren in Bronze
überträgt, machen ihre naturnahe Faktur und ihre beinahe
tänzerische Leichtigkeit eine klare Zuordnung zur
konkret-konstruktiven Kunst problematisch.
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"Zeitunterbrecher" nennt der Künstler seine
Arbeiten, aber ist dies nicht jedes Objekt, das uns tiefere
Betrachtung abverlangt? In diesem Fall drängt sich der Eindruck
auf, als stünde der aufrecht stehende Mensch, wie einst für den
Erbauer des Eiffelturms, für die abstrakten Figuren Pate. Freilich
leidet ihre Ausdruckskraft bisweilen unter einem Zuviel an
Formwillen und Gestik, einer gewissen Unentschiedenheit im
Aufbau. Handwerkliche Virtuosität wird vorgeführt und eben die
Rolle jener viel umspielten, umgriffenen Leerstelle, jener Lücke
im Material, die für Oehms Werk so konstitutiv ist. Als
umkreisten bauklötzchenhaft getürmte Volumina das innere
Zentrum einer Figur, das selbst gerade nicht mittels Masse
definiert wird. "Fenster" öffnen sich, Platten werden
in die Durchbrüche geschoben, Teile widerstreben scheinbar dem
Gesamtgefüge. Durch farbliche Fassungen wird der Charakter der
himmelgreifenden Skulpturen zusätzlich akzentuiert, doch im
Erdgeschoss überzeugt uns nur eine - durch schwarze
Substanzialität und eine gewisse Archaik. Ein Frühwerk. Auf der
umlaufenden Galerie wird der Balanceakt zwischen scheinbar
wackligen Kuben und kühn verzogenen Volumina dann en miniature
und in Bronze weiter durchgespielt - filigran, zuweilen etwas
selbstverliebt. Wenige Figuren besitzen den gesuchten
konzentrierten Ausdruck, darunter ein so genannter
Kopf, der sich allerdings ausnimmt wie
ein Déjà-vu-Erlebnis - aus den Zwanziger
Jahren.
- Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps,
Pochgasse 73, Freiburg-Zähringen.
Bis 31. Oktober 2010, Sonntags 11.30 bis
13.30 Uhr.
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