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STIFTUNG FÜR KONKRETE KUNST ROLAND PHLEPS
FREIBURG-ZÄHRINGEN, POCHGASSE 73
 
 

 

Aus: Badische Zeitung vom 22.06.2010

Von Volker Bauermeister

 

Klar bis auf den Grund

"Die Poesie der Geometrie": Gemälde, Plastiken und Grafik von Gottfried Honegger in der Freiburger Stiftung für Konkrete Kunst

Gottfried Honeggger ist ein Bilddenker, ein Vertreter der Konkreten Kunst. Doch als er einmal seine Lebensgeschichte aufschrieb, kehrte der gebürtige Zürcher seine Graubündner Wurzeln hervor: den Jungen in kurzen Hosen, der er einmal war, den Sohn einer Engadiner Bauerntochter. Das Sinnliche, sagt er, stehe ihm näher als "das Gedankliche". Damit zieht er einen Trennstrich zur historischen Gruppe der Zürcher Konkreten um Max Bill.
Trennlinie  
In einem Sommer
in Paris

Was in Roland Phleps' Freiburger Stiftung für Konkrete Kunst jetzt aus dem Bestand der Liechtensteiner Hilti Art Foundation zu sehen ist, lässt einen Farbgestalter wie auch den Vorsatz erkennen, dem konstruktiven Regelmaß mit Entregelung zu begegnen. Eine Serie schlanker, stelenartiger Plastiken und teils großformatige Bildtafeln aus verschiedenen Jahrzehnten stehen im Mittelpunkt. Die Bilder kehren die sinnliche Farbe hervor. Die Fläche tendiert zum Relief - und gleich noch in anderer Hinsicht zum Raumbild. Ungewöhnlich bei einem konkret-konstruktiven Künstler ist die in durchscheinenden Malschichten entwickelte, virtuell räumliche Wirkung, die mit der plastischen korrespondiert.

Geometrische Formen scheinen gar auch einmal in dem luziden Farbraum zu versinken, respektive aus ihm aufzutauchen. Und auch wo er dann ein Raster rechteckiger Pappstücke der Leinwand appliziert, entwickelt der Kolorist Honegger dem plastischen Bildwert entgegen eine solche schimmernde Flächenräumlichkeit. Der systematischen Flächenteilung antwortet die lasierend aufgetragene Farbe als sozusagen einendes Element. Und ins System der Teilung integriert der Maler programmatisch die Störung: den Zufall als vitalisierendes - und allerdings in seiner Vorsätzlichkeit auch artifiziell wirkendes Mittel.Wie etwas gedacht und gemacht ist, liegt bei Honegger immer im hellen Licht. Selbst wo er das Regelmaß bricht, selbst in der Unberechenbarkeit bleibt er durchsichtig.

 

 
"PZ 7/2". Gottfried Honegger 1962 - 1963

Die Form versinkt im Farbraum: Gemälde von 1962/63
Gottfried Honegger
 

Ein druckgrafisches Blatt oben auf dem Umgang in der Halle zeigt eine Fläche in Hellgrau, aus der ein kreisbogenförmiges Element herausgeschnitten und -geschoben ist. Aus der Einheit wird so ein Beziehungsspiel. Im Moment ihrer Bildung reflektiert sich die Form selbst. Bildideen stellt Honegger dar und macht sie nachvollziehbar. Dies trifft auch für die Stelen zu. Schnitte trennen die Fläche auf (wie bei der Malerei ist sie die feste Basis der Bildgedanken), danach wird das Aluminiumblech gefaltet oder zylindrisch gebogen. Aus der Fläche entsteht eine komplex räumliche Figur, die aber noch immer klar auf ihren Ursprung zurückzudenken ist. Geradezu fordern die Stelen, dass man nachdenkt.

Und wie jeder wahre Konkrete Künstler sieht Gottfried Honegger in den Demonstrationen des Klarsinns den "sozialen Auftrag" der Kunst. Mit seiner Plastik zieht es ihn nach draußen in den öffentlichen Raum. Hier in Roland Phleps' Halle verlieren sich die Stelen im diffusen Oberlicht in ihrem Weiß vor der weißen Wand fast ein wenig. Im größeren Format und vor allem aufmunternd buntfarbig versammelten sich solche "Pliagen" vor vier Jahren in einem Sommer in Paris im Park beim Palais-Royal. Von Kunst und Leben, von "Ökologie der Ästhetik" spricht der heute 93-Jährige. Vom Widerstand gegen die "hässliche Reklameflut". "Um die Wirklichkeit zu ertragen", sagt er, brauche er "Schönheit".

Was er braucht, das zeigt er. Und dass er Schönheit als etwas versteht, das zum Denken anregt.

- Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps, Pochgasse 73, Freiburg-Zähringen. Bis 8. August 2010, Sonntags 11.30 bis 13.30 Uhr.