Manche Farben scheinen vergessen zu werden, sollten auf die
Rote Liste der vom Aussterben bedrohten Sinneseindrücke gesetzt
werden. Die Künstlerin Margareta Hesse rückt mit ihrer
Ausstellung in der Stiftung für Konkrete Kunst in
Freiburg-Zähringen solche Farben, auch Materialien, in den
Blick. Aus jeweils zwei dünnen, bemalten Polyesterplatten von
schummriger Transparenz, im Abstand weniger Zentimeter
voreinander gehängt, entsteht ein Bildkörper. Der dominierende
Farbauftrag auf der vorderen, sichtbaren Fläche ist der von
dick aufgetragenem Schellack in dunkleren oder helleren
Honigfarben.
Es ist diese Farbe, warmtonig und von einer eigentümlichen
Aura des Vergänglichen umweht, die die Licht- und Farbstimmung
der Ausstellung prägt. Dieses Material, diese Farben haben eine
suggestive Wirkkraft. Es ist die Anmutung einer vergangenen
Zeit, eigenartig fremd und doch vertraut, wie eine verblichene
Erinnerung, die aufscheint.
Diese Emotionalität der Farbe entwickelt sich in einem
spannungsvollen Wechselspiel mit den klaren Kompositionen der
Bilder. Rechteckige Flächen, vertikale oder horizontale Linien
bilden eine strenge Grafik. Das durchscheinende Farb- und
Lichtspiel, die Reflexion von Raumlicht auf dem Schellack geben
den Arbeiten ihre Vielförmigkeit, Farbenfülle. Die strenge
Ordnung wird aufgebrochen. Die halbtransparente,
durchscheinende Bildfläche wirkt wie ein Lichtfänger.
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Ausschnitt aus "Transluzide 05/06"
Margareta Hesse
Margareta Hesse, die an der FH Dortmund eine Kunstprofessur
innehat, gestaltet Bildkörper, die eigenartig anrühren. Sie
konfrontiert die strenge Grafik des eigentlichen Motivs mit
der geschmeidigen Anmutung von Schellack, dessen versöhnlicher
Farbigkeit. Diese warme Farbe wird zum Lichtträger, sie
verwandelt die durchscheinenden Farben und Linien. Dem strengen
Schwarz nimmt sie die Eindeutigkeit, die Härte.
Es ist ein Spiel von kaum zu ermessender Komplexität auf der
Oberfläche der Arbeiten. Die strenge Ordnung der Komposition
wird zu einem Feld feinster Farbstimmungen, diffizilster
Flächenformen, die sich aus jedem Blickwinkel neu
modulieren. Das Faszinierende daran ist, dass die Ursachen
dieser Effekte so offensichtlich sind, transparent wie die
Werke selbst, die Wirkungen aber von einer so natürlichen,
unerschöpflichen Vielfalt, dass man mit zunehmendem Staunen
dieses Licht- und Farbenspiel erkundet.
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