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Ansprache von Dr. Antje Lechleiter
zur Eröffnung der Ausstellung von
Alberto de Udaeta
Skulpturen
2004 - 2014
am 10. Mai 2015 in der
Skulpturenhalle der
Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps
in Freiburg
Dear Alberto,
thanks for the good cooperation and this wonderful exhibition. It
was a pleasure to work with you. Sorry that I have to make this
speech in German, but as I know, Mr. Phleps has translated the text
yesterday, and therefore, you already know what I am now going to
tell our visitors about your sculptures.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie können sich sicherlich vorstellen, dass in den vergangenen
Tagen Gewichte von mehreren Tonnen hier in der Skulpturenhalle
bewegt wurden. Alberto de Udaetas Eisen- und Bronzeskulpturen kamen
mit einem Viertonner aus Spanien am Mittwoch in Zähringen an und
ich bin heute selbst überrascht, wie zügig der Aufbau dann doch vor
sich ging. An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an
Martin Enderl, einen unserer Aufbauhelfer, den ich eben unter den
Gästen entdeckt habe.
Ich spreche auch im Namen von Roland Phleps, wenn ich sage, dass
wir beide uns sehr über das Zustandekommen dieser Ausstellung
freuen. Alberto de Udaeta hat nicht nur ein faszinierendes Werk
geschaffen, als wir ihn im vergangenen Jahr zum ersten Mal in
Freiburg begrüßt haben, durften wir auch feststellten, dass er ein
ausgesprochen unkomplizierter und sympathischer Mensch ist. Der
Kontakt zu ihm kam übrigens durch den Bildhauer Ramón Cerezo
zu Stande, an den dessen Arbeiten Sie sich vielleicht erinnern.
Cerezo hat im Jahr 2007 Schmuck und
Skulpturen aus Cortenstahl
in der Stiftung ausgestellt und ist
ein guter Freund von Alberto de Udaeta. Mittlerweile kann man
sagen, dass die Stiftung bereits eine enge Verbindung zur
spanischen Ostküste aufgebaut hat, denn im Jahr 2005 hat auch der
inzwischen verstorbene Bildhauer und Zeichner
Andreu Alfaro aus
Valencia in der Skulpturenhalle ausgestellt.
Doch kommen wir zu unserem Gast, Alberto de Udaeta, der zusammen
mit seiner Frau sowie einer guten Bekannten aus Katalanien
angereist ist. Es interessiert Sie vielleicht, dass der Künstler
bis 1982 als Industriedesigner tätig war und in seiner Geburtsstadt
Barcelona lebte. Vor mittlerweile 33 Jahren brach er seine Zelte in
der katalanischen Hauptstadt ab und zog ins knapp 100 km
entfernte Sant Feliu de Guíxols, wo er eine alte Kork-Fabrik
renovierte und als Atelier ausbaute. Dort ist er seither als freier
Bildhauer tätig. Die heute ausgestellten Werke stammen aus den
vergangenen zehn Jahren und zumeist handelt es sich um Unikate, nur
die vier Bronzen haben eine kleine Auflage von 3 Stück.
Bei Alberto de Udaeta gehen Architektur und Skulptur ineinander
über. Seine Säulen, Mauern, Kuben und Spindeln besetzen den Raum
und machen ihn mit ihrer körperlichen Präsenz erfahrbar. Udaetas
Eisenplastiken sind Schwergewichte, oftmals wiegen sie rund eine
Tonne und doch bewegen sie den Betrachter durch die Schönheit und
Klarheit ihrer Form.
Heute zeigt sich deutlich, dass die Stiftung die in ihrem Namen
verankerte Zuweisung zur Konkreten Kunst sehr weit fasst. Denn die
Wirkung der Arbeiten von Alberto de Udaeta beruht nur zu einem
kleinen Teil auf mathematisch-geometrischen Grundlagen und die
einzelnen Elemente sprechen über weit mehr, als nur über ihre
berechenbare Form. Der Aspekt "Zeit" spielt bei ihnen
beispielsweise eine ganz zentrale Rolle. Damit meine ich zum einen
den langwierigen Prozess der Herstellung dieser Eisengüsse und
Bronzen und zum anderen - nun ganz praktisch gesehen - auch ihren
Aufbau vor Ort. Bei einigen von ihnen, etwa bei diesen beiden,
werden die verschieden geformten Abschnitte Stück für Stück auf
eine Eisenstange gefädelt. Wir können diesen Vorgang nachverfolgen,
indem wir diese Werke konsekutiv - also Schicht für
Schicht - erfassen. Das ist allerdings nur ein Weg, Zugang zu
diesen räumlich immens präsenten Arbeiten zu gewinnen, und Sie
sollten sich dadurch nicht davon abhalten lassen, die Kompositionen
auch in ihrer Gesamtheit als einen zusammenklingenden, starken
Eindruck wahrzunehmen.
Der angesprochene Aspekt "Zeit" tritt noch in einer
dritten Weise in Erscheinung, denn viele dieser Skulpturen erzählen
Geschichten, Geschichten aus der Vergangenheit, die von ganz
elementaren Ereignissen, wie von Krieg und Frieden handeln.
Über einen ungewöhnlich historischen Hintergrund verfügen etwa
diese zwei riesige Eisengusssäulen. Nicht ohne Grund beherrschen
sie das Eingangsgeschoss der Skulpturenhalle: Denn
"Hermerico" und "Rekhiario" gehören zur Serie
"La Horda" (die Horde) und nehmen Bezug auf die Bedrohung
durch die Sueben, welche im 5. Jahrhundert auf die iberische
Halbinsel einfielen und Hermerich (Hermerico) zu ihrem ersten König
krönten. Rechila und Rechiar folgten ihm auf den Thron. Udaeta gibt
seinen Säulen zwar die Namen dieser Herrscher, nicht aber ihre
Gestalt. Sie fügen sich aus übereinander gestapelten, geometrischen
Abschnitten, die mit ihren länglichen, runden oder eckigen Formen
eher an die Platten einer Rüstung als an ihre menschlichen Träger
erinnern. Ernst und mit einer geradezu archaische Strenge treten
diese 1.400 kg und 800 kg schweren Werke dem Betrachter
gegenüber und nicht nur ihre imposante Erscheinung lässt uns
beeindruckt zurückweichen.
Zu ihrem bedeutungsschweren Auftreten passt eine andere Arbeit,
die auf der Empore ausgestellt ist. "Fortaleza", also
"Festung" lautet ihr Titel und auch sie besteht aus
aufeinander gestapelten Einzelteilen. Auf ganz erstaunliche Weise
kann diese Arbeit ihre Gestalt verändern, denn die Anordnung ihrer
Module bestimmt, ob sich die Bewohner der Festung in Kriegs- oder
Friedenszeiten befinden. Entweder sehen wir einen hermetisch
geschlossenen oder einen einladend mit Türen, Fenstern und Treppen
geöffneten Kubus. Sie sehen, auch wenn sich ein aus Eisen
gegossenes Einzelstück nicht verändern kann, so ergeben doch die
verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenfügung dieser Teile etwas
unglaublich Variables, das den Betrachter - wie eben bei der
Arbeit "Festung" gesehen - zu unterschiedlichsten,
ja konträren Resultaten führen kann.
Eine geradezu janusköpfigen Gestaltung empfängt Sie mit der
Arbeit "AUSTRALIA", gleich oben auf der Empore. Von der
einen Seite zeigt diese einen Bumerang und verweist damit auf die
Lebenswelt der australischen Ureinwohner. Die andere Seite verfügt
über einen sehr regelmäßig organisierten, geometrischen Aufbau und
steht für die Inbesitznahme des Kontinents im 18. Jahrhundert durch
die britische Krone. Wir haben uns dazu entschieden, die Arbeit in
dieser, landesgeschichtlich sehr eindeutigen Form auf der Empore
aufzubauen, doch genauso gut hätten auch ein Bild des heutigen
Australiens entstehen lassen können: Nämlich, indem wir beide
Ansichten miteinander vermischt hätten.
Ich habe schon darauf hingewiesen, dass es Udaeta sehr oft um
architektonische Themen wie Burg, Haus, Stadt, Turm oder Mauer geht
und möchte das an einem weiteren Beispiel verdeutlichen. Als
"Ksar" werden traditionelle, befestigte Siedlungen etwa
in Marokko, Algerien oder Tunesien bezeichnet. Sie wurden zumeist
aus Stein und Lehm gefügt. Sind sie nicht mehr bewohnt, zerfallen
sie schnell unter dem zerstörerischen Einfluss von Wasser und
Wind. Udaeta zeigt oben (Nr. 17 der Liste) eine solche Ruine,
die wir mit unseren Augen betreten und durchstreifen können. Dabei
erleben wir allerhand Überraschungen, wir fallen von plötzlich
endenden Treppen hinab in die Tiefe, blicken in Räume ohne Boden
und ohne Decke. Man sieht hier sehr gut, wie der Künstler über
Symmetrie und Asymmetrie, Rhythmus und Textur eine Spannung
herstellt zwischen dem streng rationalen und dem emotionalen
Bereich, den wir mit dem Wesen einer menschlichen Behausung
verbinden.
Alberto de Udaeta untersucht gerne in Werkserien die schier
endlose Vielfalt von Formvariationen. Es gibt beispielsweise rund
100 verschiedene Erscheinungsformen dieser kleinen Stühle, alles
rundansichtige Unikate aus Gusseisen.
Elegant und poetisch, frei beweglich und schwerelos wie ein
U-Boot unter Wasser wirken die spindelförmigen Bronzen seiner Serie
"Nautilus". Drei von ihnen sind oben an der Stirnseite
der Empore zu sehen und wie ich weiß, ist Herr Phleps von diesen
Werken ganz besonders begeistert.
In unmittelbarer Nähe befindet sich eine Arbeit (Nr. 16),
die zu Udaetas neuester Werkgruppe gehört. Seit dem vergangenen Jahr
arbeitet er an einer große Serie von "Ambossen", in denen
Material und Inhalt eine funktionelle Einheit bilden. Als ich den
Künstler fragte, wie er zu diesem neuen Thema gekommen sei, da
schilderte er, dass ihn das konzentrierte Arbeiten eines Schmiedes
am Amboss stark an seine eigene Arbeit als Bildhauer erinnert
habe. Und die einfache, absolut überzeugende Form dieses schweren
Blocks aus Stahl mit den Löchern zum Einstecken und Biegen von
Eisenstäben haben ihn dann fast wie von selbst zu einer Vielzahl
von eigenen Gestaltungsideen geführt.
Sehr geehrte Damen und Herren, bitte nehmen Sie sich beim
Betrachten der Werke von Alberto de Udaeta Zeit und betrachten Sie
auch das Farbenspektakel, das sich an der Oberfläche seiner Bronzen
und Eisengüsse abspielt. Diese beiden "Könige", HERMERICO
und REKHIARIO, mögen es vielleicht am deutlichsten zeigen: Jede
seiner Arbeiten hat ihre eigene Persönlichkeit, manche sind schnell
zugänglich und mitteilsam, andere öffnen sich dagegen langsam und
entfalten sich ganz allmählich.
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Alberto de Udaeta: Skulpturen
Öffnungszeiten
Wegbeschreibung
Ansprache bei der Vernissage
"ARA DEL HIERRO I"
Bilder der Ausstellung
Pressebericht:
Stiftung für konkrete Kunst zeigt Künstler aus Spanien
Badische Zeitung, 05.06.2015
Kurzbiografie Alberto de Udaeta

zur Liste der Ausstellungen 2015
Pressematerial

Homepage von Alberto de Udaeta
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