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STIFTUNG FÜR KONKRETE KUNST ROLAND PHLEPS
FREIBURG-ZÄHRINGEN, POCHGASSE 73
 
 

 

Ansprache von Roland Phleps zur Eröffnung der Ausstellung von

Hellmut Bruch, Gerhard Frömel und István Haász

triolog

konstruktiv konzeptuell

am 14. September 2014 in der Skulpturenhalle der
Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps in Freiburg

 

Lieber Hellmut Bruch, lieber Gerhard Frömel, lieber István Haász,

ich begrüße Sie und freue mich herzlich, dass Sie zur Eröffnung der gemeinsamen Ausstellung in unserer Freiburger Stiftung für Konkrete Kunst gekommen sind.

Seit fünfzehn Jahren zeigen wir in dieser Halle die Werke eingeladener Künstler - Skulptur, Malerei, Zeichnung, Installationen. Manchmal haben wir zwei Künstler zusammen gezeigt, einander gegenübergestellt. Wir hatten aber noch nie die Arbeiten dreier Künstler ausgestellt, die schon lange miteinander befreundet sind und die gern zusammen auftreten. Wie gut dieser "Triolog" gelingt, haben wir hier und heute vor Augen.

Die Besucher unserer Ausstellungen sind großenteils Freunde unserer Stiftung und mit der Konkreten Kunst vertraut. Mit Recht erwarten sie, Werken zu begegnen, die sie noch nicht kennen, die etwas Neues bieten auf dem Feld der Konkreten konstruktiven Kunst, das viel weiter ist, als Viele meinen. Es lässt der Individualität der Künstler Raum, vergleichbar der Musik des Barockzeitalters, die innerhalb der strengen Gesetzmäßigkeit des Kontrapunktes ungezählten Komponisten die Freiheit persönlicher Entfaltung gelassen hat. Goethe hat diesen Gedanken mit den Worten formuliert "und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben".

Meine Damen und Herren, Sie erwarten vor Ihrem Rundgang durch die Ausstellung, dass ich Ihnen die ausstellenden Künstler vorstelle. Ich muss mich jeweils auf wenige Daten beschränken und verweise auf die im Eingangsbereich an der Wand nachzulesenden Details der biografischen Stationen, des Werdegangs der Künstler und ihrer wichtigsten Werke und Erfolge. Mein Versuch, sich dem Wesen des Œuvres der Künstler anzunähern, soll Vorrang haben.

Zuerst ist Hellmut Bruch an der Reihe. Geboren 1936 in Hall im Tirol, wo er auch heute lebt. Mit siebzehn Jahren Abschluss der Automechanikerlehre, danach vier Jahre Tätigkeit in der Privatwirtschaft. Kein Kunststudium, sondern autodidaktische Materialstudien und Erfahrung mit Techniken bei der Gestaltung von Plastiken und Objekten. Mit vierunddreißig Jahren erste Auftragsarbeiten. Zahlreiche Großplastiken im öffentlichen Raum, Auszeichnungen und Lehraufträge, 1998 Verleihung des Titels Professor.

Lieber Hellmut, wir haben uns vor dreizehn Jahren in Erfurt kennengelernt als Teilnehmer am Symposium "Logik und Poesie in der Konkreten Kunst". Ich weiß noch gut, dass ich in der Diskussion behauptete, dass der Kreis nur die Demonstration einer Formel sei, kein Kunstwerk, und dass ich dich damit indirekt angegriffen hatte. Du bliebst gelassen und sagtest mir unter vier Augen: "Weißt du, der Kreis hat in monumentaler Ausführung seine Würde." Darüber konnte ich nachdenken, und das war der Anfang einer herzlichen Freundschaft über all die Jahre.

Für dein Werk sind zwei Elemente oder Prinzipien wichtig: Proportionen und Licht. Du bist ein erklärter Jünger des italienischen Mathematikers Leonardo Fibonacci des zwölften / dreizehnten Jahrhunderts und hast mit den Proportionen seiner Zahlenreihe, die weitgehend dem Goldenen Schnitt entspricht, viele Kunstwerke, die du Progressionen nennst, in zwei oder drei Dimensionen gestaltet. Der Goldene Schnitt ist ja keine menschliche Erfindung, vielmehr in der lebenden Natur vorgegeben. Er spricht unser ästhetisches Empfinden auch ohne mathematisches Verständnis an. - Das Licht, von den Flächen und Schnittkanten seiner Edelstahlskulpturen reflektiert, gibt diesen Körpern etwas Schwereloses, Immaterielles. Dasselbe gilt für die Arbeiten in fluoreszierendem Acrylglas, die das aufgefangene Licht an den Schnittkanten oder den gefrästen Linien in den Flächen, die wie Ritzungen wirken, austreten und hell aufleuchten lassen.

In deinen Arbeiten äußert sich die Klarheit eines Konzeptes, die Konsequenz einer gestalterischen Ordnung, eine kühle Nüchternheit, die Eleganz und Schönheit zulässt und einschließt.

Vielleicht trifft das, was ich im letzten Satz über das Wesen der Kunst von Hellmut Bruch gesagt habe, ohne Abstrich auf für unseren Gast Gerhard Frömel zu. In der Galerie Wörn in Sulzburg habe ich vor einigen Jahren eine seiner typischen schwarz-weißen Faltungen gesehen und als Multiple erworben. Diese kleine Skulptur erfreut mich täglich, erfrischend und belebend wie ein Schluck Wasser. Ihr Reiz liegt in ihrer Einfachheit, die sich einer raffinierten Erfahrung des Künstlers mit Fläche und Räumlichkeit verdankt sowie seiner Beschränkung auf die sogenannten Nicht-Farben Schwarz und Weiß.

Gehard Frömel, geboren 1948, kommt aus Oberösterreich, er lebt und arbeitet in Wolfsegg/Oberösterreich und in Hallein/Salzburg. Nach Abschluss seiner Lehre als Schildermaler hat er an der Kunstschule der Stadt Linz 1965 bis 1969 Gebrauchsgrafik studiert und war 1975 bis 2003 Dozent an der Kunstuniversität Linz. Er hatte zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in europäischen Ländern, in den USA und in Japan. Seine Werke finden sich heute in einer Vielzahl öffentlicher und privater Sammlungen.

Auch Gerhard Frömels Werk folgt den Grundgedanken der Konkreten Kunst. Sie stellt nichts dar, bildet nichts ab, bedeutet nichts über sich selbst hinaus. Sie arbeitet mit geometrisch definierten Elementen, mit Linien, Flächen, Raum und Proportionen.

Frömels Werke sind aber keine geometrischen Demonstrationsobjekte, es sind Kunstwerke, die man gleichermaßen und gleichzeitig als Zeichnung, Malerei, Skulptur auffassen kann. Sie leben aus konstruktiver Phantasie, aus kompositorischer Vielfalt, sie fordern zu offener Sichtweise heraus, anders gesagt: sie fordern den Dialog mit dem Betrachter, der dem Werk durch wechselnden Standort und Blickwinkel eine überraschende, staunenswerte Lebendigkeit gibt. Dieser Dialog hat etwas Heiteres, Spielerisches bei aller Strenge der Gestalt ihrer Bauelemente.

Hellmut Bruch und Gerhard Frömel sind über viele Jahre zu einer Freundschaft und Partnerschaft zusammengewachsen, mit wechselseitiger Anregung und gemeinsamen Ausstellungen. István Haász ist zu dem Künstlerpaar als Dritter hinzugekommen. Geboren in Ungarn 1946, ist er der Jüngste der hier versammelten Freunde. Er hat die Pädagogische Hochschule im ungarischen Eger besucht, später die Akademie für Bildende Künste in Budapest, er hat mehrere Stipendien und Auszeichnungen erhalten.

István Haász hat am Anfang seiner künstlerischen Tätigkeit im Sinne des Konstruktivismus gemalt. Er hat Grafiken und Stiche gemacht und mit monochromen Formen gearbeitet. In den achtziger Jahren verlässt er die rein flächige Komposition, er tritt jetzt mit reliefartigen Objekten in den Raum. Er verlässt auch seine anfänglich düstere Farbpalette und malt in verschiedenen abgestuften Gelb- und Weißtönen, auch arbeitet er mit dem realen Licht und Schatten. Es entstehen Objekte aus monochromen Flächen auf verschiedenen Ebenen von unterschiedlicher Form und einem Raum- und Schattensystem, das aus verschiedenen Blickwinkeln wahrgenommen werden kann. Der Reiz dieser sichtbar mit einander verwandten schachtelartigen Objekte liegt im Zusammenspiel von Asymmetrie und Harmonie, von Ungleichheit und Ausgewogenheit. Hinzu tritt der meisterliche Umgang mit der schwierigen Farbe Gelb, die ohne jede Aggressivität sanft und warm wirkt.

Meine Damen und Herren, die drei ausstellenden Künstler sind nicht nur einander in herzlicher Freundschaft verbunden, sie sind im Goetheschen Sinn Wahlverwandte: gleichen Geistes, gleichen Prinzipien verpflichtet, zugleich durchaus verschieden, eigenständig in ihren Werken. Sie verzichten bewusst auf eine umfassende Präsentation ihres jeweiligen Œuvres und bieten uns ein wohlkomponiertes Kammerkonzert. Hören Sie der Musik zu, aufmerksam, und erfreuen sich an Harmonie und Spannung. Musik vollzieht sich in der Dimension der ablaufenden Zeit, die Bildende Kunst erlaubt dagegen dem Betrachter zeitlich unbegrenzten Zugang. Nutzen Sie Ihre Chance!