zur Startseite / Home
STIFTUNG FÜR KONKRETE KUNST ROLAND PHLEPS
FREIBURG-ZÄHRINGEN, POCHGASSE 73
 
 

 

Ansprache von Roland Phleps zur Eröffnung der Ausstellung von

János Fajó
"Budapest - Freiburg"

am 17. März 2013 in der Skulpturenhalle der
Stiftung für Konkrete Kunst Roland Phleps in Freiburg

 

Meine Damen und Herren,

zur Eröffnung unserer Ausstellung begrüße ich Sie herzlich! Ich freue mich, dass Sie zahlreich erschienen sind. Wie üblich, werden wir zuerst Musik hören und danach erst werde ich Ihnen den bildenden Künstler János Fajó vorstellen und eine Einführung in sein Werk versuchen.

Unser Musiker, der renommierte Klarinettist Nicola Miorada, ist schon mehrfach bei uns aufgetreten, teils als Solist, teils im Ensemble. Er lebt in Emmendingen, er wirkt und lehrt in Freiburg. Zu meiner Freude hat Nicola Miorada die ihnen wohlbekannten Rumänischen Tänze von Béla Bartók für Klarinette als Solostimme transponiert, um uns allen, besonders aber unserem aus Ungarn stammenden Gast eine Freude zu machen. Ich verweise auf das ausgedruckte musikalische Programm. Die Wahl der Klarinette als Stimminstrument für die Tänze ist kein Zufall, vielmehr passt die Klarinette wesensmäßig zu diesen Melodien.

Wenden wir uns jetzt der bildenden Kunst zu, namentlich den Werken, die János Fajó zusammen mit einigen meiner Arbeiten zeigen wollte. Lieber János, bitte erheben sie sich und wenden sich dem Publikum zu, damit jeder weiß, welcher der bedeutenden Köpfe im Saal der ihre ist! - Danke. Jede Begegnung hat eine Geschichte, die will ich kurz erzählen. Im Deutschen Ärzteblatt ist glücklicherweise Platz für eine Kultur-Kolumne und so kam es zum Kontakt mit einem künstlerisch interessierten Arztehepaar aus Niedersachsen. Herr Kollege Krannich, dessen Ehefrau figurativ bildnerisch tätig ist, wies mich auf Werke Konkreter Kunst von János Fajó hin und schenkte mir dessen letzten Katalog mit Abbildungen, den er selbst geschenkt bekommen hatte.

Ich war von dem Künstler und den abgebildeten Werken, nämlich Metallskulpturen und Malerei auf Leinwand und Holztafeln, sehr angetan. Es ergab sich, dass uns János Fajó im Anschluss an einen Besuch der ART Basel in Freiburg besuchte, mit einem Korb voll mit ungarischen kulinarischen Köstlichkeiten, Zeichen der Verwandtschaft des Geschmacks, die nicht überschätzt werden kann. Hinzu kam als Geschenk eine aus Alublech geschnittene Ellipse mit in den Raum gebogenen Einschnitten, eine Skulptur, die mich begeisterte und zugleich betroffen machte: Warum war dieser konstruktive Einfall nicht mir gekommen? Das war der Anfang des Wegs, der zu der Ausstellung hier geführt hat.

Nach dieser anekdotischen Einleitung wende ich mich der Biografie unseres Gastes zu. János Fajó ist in Orosháza /Ungarn zur Welt gekommen. Seine schulischen Interessen galten ganz dem Malen und Zeichnen. Nach der Schule besuchte er die Ungarische Akademie für Angewandte Künste in Budapest, die er mit Auszeichnung abschloss. Von 1962 an nahm er an einer Vielzahl von nationalen und internationalen Ausstellungen teil. Von 1966 an malte er nicht mehr gegenständlich, sondern "freie Formen" im Stil seines Lehrers Lajos Kassák. Ab 1969 öffnete sich ihm Europa, er reist in die Schweiz zu Karl Laszló, zu Victor Vasarely nach Paris, und hilft Max Bill auf der konstruktivistischen Biennale in Nürnberg. 1976 wird er Direktor der Josefstädter Galerie in Budapest. Er hat mehrfach Erfolg mit Preisverleihungen auf Ausstellungen. Von 1989 an hat er einen Lehrauftrag an der Akademie für angewandte Kunst. Er wendet sich immer mehr der Skulptur zu, er schafft Skulpturen in Metall, Marmor, Holz, Bronze und Plexiglas. Er bedient sich der Laser-Schneidetechnik in Werkstätten in Deutschland und dann in Ungarn. Er hat Erfolg mit Ankäufen und Preisen. Vielfältig sind seine didaktischen Aktivitäten in Kursen und Workshops.

János Fajó kann auf ein reiches Leben als bildender Künstler, als Lehrer und Organisator zurückblicken. Er blickt auch auf unterschiedliche Phasen seines künstlerischen Schaffens zurück. Er erinnert sich, dass er anfangs als Maler ausgebildet wurde, dass er aber schon in frühen Jahren von der körperhaften Gestalt angezogen wurde, deren Anblick ihn mit enormen Vergnügen erfüllte, dass er einen unwiderstehlichen Antrieb verspürte, Skulpturen zu machen. Er weiß, was er seinen Lehrern verdankt. Er betont aber die Freude, die Lust am Gestalten, die Freude, gerade das zu tun, was ihm einfällt. Das ist das spielerische Element im künstlerischen Tun, diese wesentliche Dimensionen des Humanen von der Schiller spricht:

"Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt."

Das andere antreibende Element ist für János Fajó das Taktile:

"Ich bin ein Erfahrungsmensch, ich liebe es, etwas zu halten, zu berühren, zu gebrauchen. Als ein Sklave des Taktilen fühle ich die Dinge zuerst und theoretisiere erst später darüber."
"Die Skulptur ist die körperlichste Kunst mit ihrer Materialität und den drei Dimensionen - körperlicher, als die Kunst in der Fläche, mit mehr Möglichkeiten, Form und Proportionen auszudrücken, als Malerei oder Mathematik. Raum ohne Substanz ist unverständlich, unvorstellbar, trocken, ohne Geschmack und Duft, eine Kategorie, die in sich selbst nicht existiert. Material in eine Form bringen, schafft eine Existenz von Zauberkraft und unaussprechlicher Schönheit. Mein Ziel beim Schaffen von Kunst ist nicht, Aufträge auszuführen, sondern meinen eigenen Schönheitssinn zu befriedigen."

Bei der Begegnung mit János Fajó hat mich die geistige Nähe in vielen Fragen der Kunst berührt und das Gefühl einer brüderlichen Sympathie geweckt. Er ist ein Sinnenmensch und mich wundert, dass er auch zu dem trockenen Didaktiker Max Bill Verwandtschaft gefunden hat. - János Fajó hat vorgeschlagen, dass ich einige meiner Skulpturen in dieser Ausstellung zusammen mit den seinen zeige. Nachdem ich Fajós Aussagen zum Element des Taktilen zitiert habe, möchte ich meine Nähe mit einem Textzitat aus meinem Katalog Stahlskulpturen II belegen:

"Freude am Handwerk: Welch eine Lust für die Hände, den elastischen Widerstand des Stahls beim Biegen zu spüren, den Druck der Finger, der Hände und der Arme behutsam zu bemessen und ja keine Gewalt anzuwenden um Knicke zu vermeiden! Und dazu die Lust der Augen! Zu sehen, wie sich perfekte Wölbungen und Kurven "von selbst" unter der Krafteinwirkung ergeben, die ich nie mathematisch hätte berechnen können."

Am schönsten hat Goethe, der Sinnenmensch, in seiner fünften Römischen Elegie das Wahrnehmen und Erleben von Gestalt mit Händen und Augen ausgedrückt:

"Aber die Nächte hindurch hält Amor mich anders beschäftigt ... Dann versteh ich den Marmor erst recht, ich denk und vergleiche, sehe mit fühlendem Aug, fühle mit sehender Hand."

Sehen wir uns, meine Damen und Herren, in der Ausstellung um, teilen wir die kreative Freude des bildenden Künstlers, angeregt durch die Musik, die Nicola Miorada jetzt erklingen lässt.